In der Schweiz genügt es, wenn man Gerichtsfälle genügend lang verzögern kann. Dann kann eine Behörde das Verfahren gegen sich auch selbst “abschreiben” lassen: Weil das AKW Mühleberg kein AKW mehr ist, kann man auch nicht mehr dagegen klagen. (Siehe auch Artikel im Bund/BZ)
Das AKW Mühleberg und das ENSI haben sich mit haarsträubenden Tricks gegen einen Prozess gewehrt, der nach zwölf Jahren eingestellt wurde, weil das AKW kein AKW mehr ist. Allfällige Verfehlungen des ENSI können vom Bundesgericht nicht mehr beurteilt werden. Zweimal mussten sich das ENSI und die BKW vor Bundesgericht verantworten: Beim ersten Teilurteil erlitten sie Schiffbruch und mussten doch noch die Zulassung eines Verfahrens akzeptieren. Beim zweiten Mal vor Bundesgericht ist das Bundesgericht auf die Beschwerde nicht eingetreten, weil das Bundesverwaltungsgericht nur entschied: Zurück auf Feld eins! Und einen “Zurück auf Feld eins”-Entscheid muss ein Bundesgericht nicht beurteilen. Ein grosser Erfolg somit für das ENSI. Denn in der Zwischenzeit hatte die BKW ja die Abschaltung geplant, es ging nur noch ums Warten und Verzögern: Hier eine Studie machen lassen, dann diese Studie bemängeln und erweitern, und dann wieder eine Studie, alles musste lange dauern. Und als dann im September 2023 das letzte Brennelement abtransportiert wurde, erst dann ging es schnell. Einen Monat später lag die Mitteilung im Briefkasten: Da vom ehemaligen AKW Mühleberg keine radioaktive Gefahr mehr ausgehe, könnten die Bürgerinnen und Bürger kein Interesse mehr an einer gerichtlichen Beurteilung des Sachverhalts von 2012 haben.
Da bleibt einem als bodenständiger Schweizer nicht viel mehr übrig, als wie beim Schwingen den Rücken hinzuhalten und sich das Sägemehl abputzen zu lassen. Und ein Händedruck: “Das habt ihr gut gemacht, zwölf Jahre Hinhaltetaktik, das kann nicht jeder. Und ihr habt euch einiges einfallen lassen, so als wir beispielsweise unter Androhung einer Busse von 50’000 Franken nutzlose, weil geschwärzte Akten einsehen durften. Und jedes Mal hat euer BKW-Anwalt eine Beschwerdefrist verlangt, mit vielen lustigen Ausreden. Ihr hattet zwar nicht überall Erfolg: Wir haben vor Bundesgericht einen wichtigen Sieg errungen, damit Bürgerinnen und Bürger staatliches Handeln gerichtlich überprüfen lassen können, auch wenn sie nicht direkt beteiligt, aber betroffen sind”.
Dann schaue ich den (Schieds-)Richter an und denke: Himmel, liebe Schweiz, da haben wir noch Luft nach oben. Zwölf Jahre! Ist das ein Rechtsstaat oder nur ein Staat, der ein bisschen Recht macht? Richtig war das nicht!
PS: Das ENSI hat der BKW Kosten von 300 Franken auferlegt, weil die BKW schuld sei, dass dieses Verfahren abgeschrieben werden musste. “So geht das”, würde Maloney sagen.
PPS: Mein grosser Dank geht an Markus Kühni, welcher all die Punkte überhaupt ans Tageslicht brachte, und Greenpeace für die finanzielle Unterstützung.